Zu den Anforderungen eines richterlichen Verzichts auf ein
Sachverständigengutachten

 09.01.2018

Der Tatrichter darf, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen. Dies gilt auch, wenn der Tatrichter auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil er es auf der Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet hält.

Nach der Abweisung einer Haftungsklage wegen fehlerhafter kieferchirurgischer und zahnärztlicher Behandlung hatte die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin Erfolg. Die gerichtliche Annahme, ein Fehler der Zahnersatzkonstruktion sei nicht nachgewiesen, sei unter einem entscheidungserheblichen Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG erfolgt, so der BGH. Man habe den wesentlichen Kern des Vorbringens der Klägerin nicht in Erwägung gezogen.

Darüber hinaus habe der Verzicht auf die Einholung des von der
Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens im Prozessrecht keine Stütze.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.01.2018 – VI ZR 106/17